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Deutsche Unternehmen in China werden realistischer
2015-07-01
 

Text von Carla Beier, Beijing 

Trotz Herausforderungen wie Fachkräftemangel oder Internetzensur sind deutsche Unternehmen im Hinblick auf ihre Entwicklung in der VR positiv gestimmt. Im Rahmen des sich verlangsamenden Wachstums der chinesischen Volkswirtschaft passen sie ihre Erwartungen an. 

Die deutsche Handelskammer in China führt in jedem Jahr eine großangelegte Umfrage zur Einschätzung der volkswirtschaftlichen Aussichten, Ziele und des Investitionsklimas für deutsche Unternehmen in der Volksrepublik durch. Die Ergebnisse der diesjährigen „Geschäftsklima-Umfrage der Deutschen Handelskammer in China 2015“, an der im Zeitraum vom 11. Mai bis zum 12. Juni 439 deutsche Unternehmen teilgenommen haben, wurden am heutigen Dienstag in der Deutschen Botschaft in Beijing präsentiert.

Trotz eines geringeren Wachstums im Rahmen des Konjunkturabschwungs zeigen sich Unternehmen optimistisch 

Im Vergleich zum Vorjahr ist eine leichte Eintrübung der positiven Meinungen im Hinblick auf die Wirtschaftsaussichten deutscher Firmen in der VR festzustellen. Nachdem sich die deutschen Unternehmen im Jahr 2014 noch widerstandsfähig gegenüber dem Konjunkturabschwung zeigten, stellen sich diese nun zunehmend auf ein geringeres Wachstum ein. So sieht eine größere Anzahl keine kurzfristige Verbesserung der volkswirtschaftlichen Situation, dennoch sind über 50 Prozent optimistisch was die Entwicklung im Land betrifft.

Besonders die Unternehmen, die bereits im Reich der Mitte Fuß gefasst haben, äußern sich weiterhin optimistisch über die Wirtschaftsaussichten. Dabei handelt es sich vor allem um die Automobil- und ihre Zulieferindustrie. Anders hingegen verhält es sich in den Bereichen Maschinenbau und Ingenieurwesen, wo die positive Einschätzung etwas zurückgegangen ist. Insgesamt gesehen fällt die Bewertung der Industrie- und Wirtschaftsentwicklung im eigenen Land – sprich Deutschland – deutlich positiver aus als in Bezug auf die VR. Die Frage nach der Einschätzung der Wirtschaftslage im Heimatland war in diesem Jahr das erste Mal Gegenstand der Umfrage und soll als Parameter für eine bessere Gesamteinschätzung dienen.

Was das Erreichen und Umsetzen der Geschäftsziele angeht, so gehen im Vergleich zum Vorjahr zwar insgesamt weniger Firmen davon aus, ihre Ziele zu erreichen, dennoch sind weiterhin mehr als 50 Prozent überzeugt, diese im Jahr 2015 zu realisieren oder zu übertreffen. Das Wachstum der Unternehmen verlagert sich demnach schrittweise auf ein niedrigeres Niveau, ohne einen abrupten Einbruch zu erfahren. Man dürfe nicht vergessen, dass 2014 das stärkste Jahr für die deutsche Wirtschaft in China war, erwähnt Lothar Herrmann in diesem Zusammehang. Der Präsident und CEO Siemens Limited China und Vorstandsvorsitzende der Deutschen Handelskammer betont, dass ein Einbruch daher ganz normal sei. Auch wenn der Konjunkturabschwung je nach Industrie in jedem Unternehmen anders spürbar sei, sind die Unternehmen im Hinblick auf das Wachstumspotenzial der eigenen Branche zuversichtlich.

Die Pressekonferenz (Foto von Hua Fang) 

Größte Herausforderungen: Qualifiziertes Personal und Internet-Restriktionen 

Was die Herausforderungen bei der Umsetzung der Unternehmensziele angeht, so sind laut der Umfrage Themen wie der vorherrschende Mangel an verfügbaren qualifizierten Arbeitskräften, die Mitarbeiterbindung sowie die Cyber-Security vorherrschend. Die Suche nach qualifiziertem Personal ist die größte Herausforderung für deutsche Unternehmen im Jahr 2015. Unzulänglichkeiten im Arbeitsmarkt bleiben Hindernisse, die überwunden werden müssen, wenn eine nachhaltige Umstrukturierung der chinesischen Wirtschaft erfolgen soll. Das Thema Cyber-Security ist laut Herrmann eine der Hauptsorgen der deutschen Unternehmen, die sich die Frage stellen, wie vor diesem Hintergrund eine Digitalisierung ihrer Unternehmen erreicht werden soll. Die starke Fixierung der chinesischen Regierung auf Sicherheit könnte sich laut Aussage des deutschen Botschafters, Michael Clauss, auch negativ auf Innovation und Investoren auswirken. Er sprach in diesem Rahmen davon, dass die sehr vage und breit gefasste Definition des Begriffes „Sicherheit“ zu Verunsicherung bei deutschen Investoren führen kann und betonte, dass dem Thema Cyber-Sicherheit zunehmende Bedeutung zukommt, dies jedoch voraussetzt, dass es ein „schnell funktionierendes und grenzüberschreitendes Internet“ gibt. In diesem Punkt setzt die deutsche Seite Hoffnungen auf den Besuch des Leiters des Büros für Internetangelegenheiten in China, Lu Wei, der der Bundesrepublik in dieser Woche einen Besuch abstatten wird. Die Themen Korruption sowie der Schutz geistigen Eigentums befinden sich in diesem Jahr zum ersten Mal nicht mehr unter den Top-10-Herausforderungen. Was ein Hinweis darauf ist, dass der Reformansatz der Regierung und vor allem die Bemühungen im Rahmen der Anti-Korruptionskampagne positiv aufgenommen werden.

Weiterhin positives Investitionsklima; positive Erwartungshaltung in Bezug auf angekündigte Reformen lässt jedoch nach 

Zwar ist die Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen an ihren bestehenden Standorten leicht zurückgegangen. Dennoch gibt es keine Anzeichen dafür, dass Unternehmen ihre Investitionen in spürbarem Umfang in andere Länder verlagern.

Auch wenn sich China als weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft in eine Phase des gemäßigten Wirtschaftswachstums begibt, betrachten die Unternehmen sowohl das Branchen- als auch das Wirtschaftswachstum als positiv für das Investitionsklima.

Was die Investitionstätigkeit der deutschen Unternehmen angeht, so bleibt diese weiterhin in den wirtschaftlichen Ballungszentren wie Shanghai, Shenzhen, Guangzhou, Beijing und Tianjin. Die Außenhandelskammer (AHK) geht davon aus, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass dort die Infrastruktur sowie die Verfügbarkeit an qualifizierten Arbeitskräften hoch sind. Die angekündigten Wirtschaftsreformen werden weiterhin positiv wahrgenommen, werden aber in den Augen vieler Unternehmen zu langsam umgesetzt und sind bislang kaum spürbar. Luftverschmutzung, Internetrestriktionen und langsame Internetgeschwindigkeit gelten der Umfrage zufolge als negative Faktoren für das Investitionsklima.

Schwerpunkte deutscher Investitionen: moderne Produktion und Forschung & Entwicklung 

Was das Investitionsfeld angeht, so liegt dies eindeutig im Bereich der Produktion. Zwei Drittel aller Investitionen im Produktbereich entfallen auf die Sektoren Automobil, Maschinenbau und Chemie, was darauf hindeutet, dass deutsche Unternehmen ihre Position im Bereich der modernen technologiegetriebenen Produktion weiter verstärken wollen. Was die Forschung angeht, so betreiben 50 Prozent der Firmen, die in Deutschland forschen, auch an ihren chinesischen Standorten Forschung. Da deutsche Unternehmen weniger an billigen Arbeitskräften als an Qualität und Marktchancen interessiert sind, sind sie vergleichsweise weniger in Branchen mit niedrigen Löhnen und geringem Qualifikationsniveau, sondern vorwiegend in solchen mit hoher Wissens- und Technologieintensität vertreten.

Zusammenfassend spüren deutsche Unternehmen in der VR laut Herrmann die Effekte der „Neuen Normalität“. Insgesamt gesehen erwarten deutsche Firmen in China daher eine langsamere Expansion ihrer Unternehmen, schätzen dabei jedoch das Wachstum ihrer jeweiligen Industrie positiver ein.

In Abhängigkeit von der jeweiligen Branche wachsen die meisten Unternehmen weiterhin und die Mehrzahl von ihnen ist in Bezug auf die zukünftige Entwicklung optimistisch. Die Reformen der Regierung werden willkommen geheißen, aber als sich zu langsam auswirkend empfunden. Auch wenn der Zugriff auf qualifizierte Fachkräfte eine Hürde bei der Restrukturierung der Wirtschaft bleibt, setzen die Unternehmen dennoch große Hoffnungen auf die Transformation der chinesischen Wirtschaft und sind bereit, sich an Projekten wie „Made in China 2025“ zu beteiligen.

Darüber hinaus ist die Bereitschaft beider Seiten, gemeinsam an der Verbesserung der technischen Entwicklung wie dem Umweltschutz zu arbeiten, deutlich gestiegen.

 
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