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Wie Bakterien das Abwasser von Beijing reinigen sollen
2016-03-08
 

Knapp zehn Minuten von Beijings östlichem vierten Ring entfernt befindet sich die Ortschaft Gao Bei Dian. Dort befindet sich eine gleichnamige Abwasseraufbereitungsfirma, die größte der chinesischen Hauptstadt. Das Unternehmen will mithilfe des Bakteriums Candidatus Brocadia anammoxidans – im Chinesischen einfach als „rotes Bakterium" bekannt – das Abwasser Beijings klären. Bai Yu von der Technikabteilung erläutert:

"Die Bezeichnung ‚rotes Bakterium' geht auf die rote Farbe dieser Mikroorganismen zurück. Sie können Stickstoffverbindungen im Abwasser effektiv entfernen. Wenn das Wasser einen hohen Gehalt von Stickstoffverbindungen und Phosphor enthält, sorgen diese für die grüne Farbe und den Gestank."

In der Werkhalle der Abwasseraufbereitungsfirma Gao Bei Dian riecht es nach Schwefel. Das Wasser in einem großen Auffangbecken hat die Farbe dunkler Schokolade und schäumt. Gleichzeitig sieht man überall kleine rote Farbtupfer. Bai Yu erklärt: "Das ist ein Reaktor mit den roten Bakterien. Die Bakterien fungieren als eine Art Zersetzer. Sie entfernen die Stickstoffverbindungen."

Die Wissenschaft bezeichnet diesen Vorgang als Anammox, ein Akronym aus den Wörtern Anaerobe Ammonium-Oxidation. Die Reaktion benötigt, wie ihr Name schon andeutet, keinen Sauerstoff und die Überlebenszeit der Bakterien ist relativ lang. Sehr vereinfacht dargestellt, das rote Bakterium kann im Vergleich zu anderen Mikroorganismen mehr essen, länger leben und hinterlässt weniger Abfall. Im Vergleich zu traditionellen Aufbereitungsmethoden entsteht weniger Klärschlamm und es stinkt nicht so stark. Und noch viel wichtiger, es wird kaum Kohlenstoffdioxid freigesetzt.

Das rote Bakterium wurde zwar schon vor zwei Jahrzehnten entdeckt, ist in China aber weitestgehend unbekannt. Die chinesischen Wissenschaftler haben bei null angefangen, als sie die roten Bakterien kultivierten. Nach zwei Jahren gelang es ihnen schließlich. Die Wissenschaftlerin Bai Yu erläutert: "Unsere anfänglichen kleineren Tests waren erfolgreich. Die mittleren Tests verliefen aber nicht so zufriedenstellend. Aber wo war das Problem? Viele unserer Forschungsmitglieder fragten sich, ob unser Gedankengang vielleicht falsch sei. Nach wiederholten Analysen und Berechnungen kamen wir aber zu der Schlussfolgerung, dass unsere Rechenmethode korrekt war."

Nach unzähligen Kulturen wurde nach mehreren Jahren schließlich das erhoffte Ergebnis erreicht. Die erfolgreiche Kultivierung des Bakteriums im Labor war aber kein endgültiger Sieg. Es folgte eine noch größere Prüfung: die Übertragung aus dem Labor in die Produktion. 70 Prozent der Forschungsprojekte scheiterten an diesem Punkt. Für Bai Yu und ihr Team war es nicht immer leicht, die Experimente weiterzuführen.

"Die Übertragung der Forschungsergebnisse in die Produktion ist ein noch komplizierterer Prozess. Sie ist das Bindeglied zwischen der Forschung und der Produktion. Ich selber war so verzweifelt, dass ich eine Zeit lang darüber nachdachte, das Projekt aufzugeben. Dank der gegenseitigen Ermutigung im Team haben wir es am Ende aber doch geschafft."

Es dauerte sieben Jahre, bis die roten Bakterien in der Abwasseraufbereitungsfirma Gao Bei Dian genutzt werden konnten. Das nächste Ziel sind Mülldeponien, wo sie das Sickerwasser reinigen sollen. Und die Erforschung der geheimnisvollen roten Bakterien läuft weiter, damit sie beim Umweltschutz in der chinesischen Hauptstadt in Zukunft eine noch größere Rolle spielen können.

 
CRI
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